Gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland
Der Mindestlohn soll Lohndumping unterbinden - Wir beantworten offene Fragen ©photographyMK / depositphotos.com

Das Thema Mindestlohn in Deutschland wird seit Jahren sehr kontrovers diskutiert. Befürworter sehen darin die einzige Chance, dem in vielen Branchen grassierenden Lohndumpings den Garaus zu machen. Gegner des gesetzlichen Mindestlohns dagegen befürchten, dass die Arbeitgeber nach Einführung der entsprechenden Regelung auf Subunternehmer ausweichen oder ihre Produktion gleich ganz ins Ausland verlegen.

Lange Zeit brachten die entsprechenden Koalitionsverhandlungen keine Einigkeit über einen Mindestlohn. Schließlich kam es aber doch dazu, dass in Deutschland das Mindestlohngesetz (MiLoG) eingeführt wurde. Seitdem gibt es einen gesetzlich festgelegten Mindestlohn, der zur Zeit 9,19 Euro brutto pro Stunde beträgt.

Die Situation vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns

Vor der Einführung des Mindestlohngesetzes konnte die Höhe von Löhnen und Gehältern frei zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften bzw. Arbeitnehmern ausgehandelt und festgelegt werden. Dabei sprach man auch von der sogenannten Tarifautonomie.

Dazu muss man wissen: Der Tarifvertrag stellt den einfachsten Weg dar, den Mindestlohn für eine gesamte Branche festzulegen. Dafür wird im Vertrag eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung verankert, die dafür sorgt, dass der darin festgelegte Tariflohn nicht nur für die Angestellten des jeweiligen Unternehmens bindend ist, sondern für die gesamte Branche. Selbstverständlich steht es dem Arbeitgeber frei, Löhne und Gehälter zu zahlen, die über dem im Tarifvertrag festgelegten Niveau liegen. Nur unterschritten werden darf dieses nicht.

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Verlauf der Beschäftigten mit Tarifbindung in Deutschland
Verlauf der Beschäftigten mit Tarifbindung in Deutschland – ©Statista

Ein Problem ergab sich dadurch, dass längst nicht alle Beschäftigten in Betrieben arbeiteten, die einen Tarifvertrag anboten. Zuletzt waren es in Westdeutschland knapp 57% der Arbeitnehmer, in Ostdeutschland lediglich etwas über 44%. Zudem war der Tarifvertrag keine Garantie dafür, dass sich der Mindestlohn wirklich ausreichend gestaltet. Teilweise wurden selbst bei Arbeitnehmern mit Tarifverträgen Stundenlöhne von deutlich unter sechs Euro gezahlt, die somit weit unterhalb der Mindestlohngrenze lagen. Es reifte die Erkenntnis, dass der Mindestlohn für Gesamtdeutschland und branchenübergreifend festgelegt werden musste, um das gewünschte Lohnniveau im gesamten Land zu erreichen. Brancheninterne Lösungen erzielten über Jahre nicht den erwünschten Effekt.

Einführungen und Entwicklung des Mindestlohns

Der gesetzliche Mindestlohn wurde in Deutschland per entsprechendem Gesetz zu Anfang des Jahres 2015 eingeführt. Er gilt branchenübergreifend und bundesweit und wurde zunächst auf 8,50 Euro brutto je Zeitstunde festgelegt. Für die Übergangszeit konnten abweichende Regelungen gelten, wenn bestehende Tarifverträge zunächst auslaufen mussten. Ausgenommen waren zudem Mindestlöhne, die sich aus dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz ergaben.

Der uneingeschränkte gesetzliche Mindestlohn gilt in Deutschland seit 1. Januar 2017. Bis zu diesem Datum mussten alle bestehenden Tarifverträge, in denen das vorgeschriebene Mindestlohnniveau nicht existierte, abgeändert werden. Seit Einführung des uneingeschränkten gesetzlichen Mindestlohn wird dieser schrittweise dem aktuellen Niveau am Markt angepasst. Dieses Niveau zu überwachen und den Mindestlohn entsprechend anzupassen, ist Aufgabe der sogenannten Mindestlohn-Kommission, die aus drei Arbeitnehmervertretern und drei Arbeitgebervertretern besteht. Es besteht zudem die Möglichkeit, einen Berater – zum Beispiel einen Wissenschaftler – hinzuzuziehen, falls es Probleme geben sollte. Die Mindestlohn-Kommission muss entweder durch einen Mehrheitsentscheid oder durch Auslosung einen Vorsitzenden bestimmen.

Gründe zur Einführung des gesetzlichen Mindestlohns

Wir hatten in der Einführung bereits angedeutet, aus welchen Gründen ein gesetzlicher Mindestlohn in Deutschland sinnvoll ist. Mit diesem Thema wollen wir uns im Folgenden noch etwas eingehender beschäftigen. Fakt ist: Es muss in Deutschland jedem Arbeitnehmer ermöglicht werden, durch sein Einkommen die eigene Existenz dauerhaft zu sichern. Dafür ist ein gewisser Mindestlohn zwingend notwendig. Da in der Vergangenheit die Tarifbindung immer weiter sank, drohte vielen Arbeitnehmern trotz Festanstellung ein Verlust der finanziellen Existenz. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, entschloss man sich dazu, bundesweit einen verbindlichen Mindestlohn für alle Arbeitnehmer einzuführen und somit eine bestmögliche soziale Sicherung zu erreichen.

Bestätigt wurde die Regierung in ihrem Vorhaben durch mehrere Studien, die belegten, dass je nach Region bis zu einem Viertel aller Arbeitnehmer unterhalb des Existenzminimums leben musste. Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern zogen sich oft über Jahre hin und brachten nur selten den gewünschten Erfolg. Der neue Mindestlohn sollte die Arbeitgeber nun dazu zwingen, ihren Mitarbeitern ein angemessenes Einkommen zu ermöglichen.

Mit Einführung des Mindestlohns gehört auch die erwähnte Tarifautonomie der Vergangenheit an. Der Staat hat sich somit in die Verhandlungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern eingeschaltet und übernimmt hier eine bestimmende und regulierende Funktion.

Mit Einführung des Mindestlohnes und den daraus entstehenden Gehaltsanpassungen soll Altersarmut vorgebeugt werden
Mit Einführung des Mindestlohnes und den daraus entstehenden Gehaltsanpassungen soll Altersarmut vorgebeugt werden – ©ginasanders / depositphotos.com

Die Vorteile des gesetzlichen Mindestlohns auf einen Blick

Entlastungen des Steuerzahlers: Durch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns verdient jeder Arbeitnehmer zumindest so viel, dass er seine Existenz sichern kann und nicht auf zusätzliche Sozialleistungen seitens des Staates angewiesen ist. Somit muss der Staat weniger Sozialleistungen ausschütten, wodurch der Steuerzahler entsprechend entlastet wird. Die sogenannte Lohnarmut kann dadurch wirkungsvoll eingedämmt werden.

Der Altersarmut vorbeugen: Nicht nur die Existenz von Arbeitnehmern, die in Lohn und Brot stehen, wird durch ein zu niedriges Lohnniveau gefährdet, sondern auch die von Menschen im Rentenalter. Durch die Einführung des Mindestlohns konnte die gefürchtete Altersarmut ebenfalls – zumindest teilweise – eingedämmt werden.

Verzerrung des Wettbewerbs verhindern: Unternehmen, die Löhne unterhalb des Mindestniveaus zahlen, verschaffen sich unlautere Vorteile im Wettbewerb, wodurch es zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt. Diese kann durch den Mindestlohn verhindert werden.

Gleichstellung von Mann und Frau: Der Mindestlohn gilt selbstverständlich für beide Geschlechter. Somit fördert er die Gleichstellung von Mann und Frau in jeder Branche. Frauen, die früher vom Lohndumping besonders stark betroffen waren, profitieren am meisten vom Mindestlohn.

Förderung der Wirtschaft: Durch den Mindestlohn wird die Kaufkraft der gesamten Bevölkerung gestärkt, wodurch wiederum die Konjunktur angekurbelt werden kann. Dadurch entsteht eine Förderung der deutschen Wirtschaft.

Gibt es auch Kritik am Mindestlohn?

Auch die Kritik am Mindestlohn hatten wir bereits im Einführungstext angeschnitten. Es ist jedoch notwendig, auf die entsprechenden Argumente noch etwas detaillierter einzugehen. Vorausgesehen werden konnte, dass viele Arbeitgeber Schlupflöcher suchen, um sich der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohns zu entziehen. Kritiker bemängeln, dass sich seit Einführung des Mindestlohns keine Erhöhung des Gesamteinkommens der deutschen Bevölkerung ergeben habe, da viele Jobs durch eine Verlagerung der Produktion ins Ausland und die Beschäftigung von Subunternehmern verloren gegangen seien. Zudem sei es durch die Einführung des Mindestlohns zu einem allgemeinen Preisanstieg gekommen, der insbesondere einkommensschwache Menschen betreffe. Laut Beispielrechnungen müsse, sofern alle hier genannten Faktoren gegeneinander aufgerechnet werden, mit einem geringeren Einkommen pro Jahr in Höhe von rund 250 Euro gerechnet werden. Ein Nachweis, dass dies tatsächlich so ist, steht allerdings noch aus.

Generell lässt sich jedoch sagen, dass die Stimmen für den Mindestlohn in Deutschland seit Jahren deutlich überwiegen. In vielen Branchen hat sich gezeigt, dass durch den Mindestlohn das Einkommensniveau deutlich angehoben werden konnte und die Arbeitnehmer seit seiner Einführung ein besseres Auskommen haben.

Es gibt auch Ausnahmen beim Mindestlohn, z.B. für Praktikanten
Es gibt auch Ausnahmen beim Mindestlohn, z.B. für Praktikanten – ©Goodluz / depositphotos.com

Gibt es Ausnahmen, in denen der gesetzlichen Mindestlohn nicht gezahlt werden muss?

Grundsätzlich gilt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland branchenübergreifend und landesweit. Dennoch gibt es Ausnahmen, in denen das Lohnniveau auch unter dem Mindestlohn liegen darf. Diese Ausnahmen möchten wir im Folgenden kurz vorstellen:

Nicht volljährige Arbeitnehmer und Praktikanten

Der gesetzliche Mindestlohn gilt in Deutschland lediglich für Arbeitnehmer, die volljährig sind und sich nicht in einem Praktikum befinden. Das bedeutet: Wer noch keine 18 Jahre alt ist, hat keinen Anspruch auf die Auszahlung des Mindestlohns. Dies gilt beispielsweise für viele Auszubildende oder Schüler, die in Ferienjobs arbeiten. Gleiches gilt auch für Praktikanten, welche ein Praktikum mit einer Länge von maximal drei Monaten absolvieren. Auch sie können vom gesetzlichen Mindestlohn ausgenommen werden.

Saisonarbeiter

Grundsätzlich gilt der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn auch für Saisonarbeiter. Aber: Faktoren wie etwa freie Kost und Logis dürfen in diesem Fall mit dem Mindestlohn verrechnet werden. Somit ergibt sich mitunter ein Lohnniveau, das unterhalb der vorgeschriebenen Grenze liegt.

Arbeitslose, die länger als 12 Monate ohne Beschäftigung waren

Wer länger als ein Jahr arbeitslos war, muss in den ersten sechs Monaten, nachdem er eine neue Beschäftigung aufgenommen hat, nicht nach dem gesetzlichen Mindestlohn bezahlt werden. Erst nach Ablauf dieser Zeit ist auch hier die Auszahlung des gesetzlichen Mindestlohns vorgeschrieben.

Wie wird die Einhaltung des Mindestlohnniveaus überwacht?

Die Einführung des Mindestlohngesetzes in Deutschland hat bewirkt, dass die Löhne und Gehälter von rund 3,7 Millionen Arbeitnehmern gestiegen sind. Dass dieser bemerkenswerte Erfolge erreicht werden konnte, daran ist jedoch auch die konsequente Überwachung der Einhaltung des Mindestlohnniveaus maßgeblich beteiligt. Für diese Überwachung sind  hauptsächlich der Zoll bzw. die Zollverwaltung in Deutschland zuständig. Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, die geleisteten Arbeitszeiten der Angestellten und Mitarbeiter zu dokumentieren, sofern der Zoll dies verlangt. Es werden regelmäßige Kontrollen  durchgeführt, um die Einhaltung der Vorschriften bezüglich des Mindestlohns zu sichern.

Wie werden Verstöße gegen das Mindestlohngesetz geahndet?

Arbeitgeber müssen sich auf empfindliche Strafen einstellen, sollten sie gegen die Regularien des Mindestlohngesetzes in Deutschlands verstoßen. Zunächst können bei Verstößen Bußgelder verhängt werden, die sich an der Schwere des Vergehens und am Umsatz bzw. Gewinn des Unternehmens orientieren. Unternehmen, die Aufträge aus öffentlicher Hand erhalten, können von einer weiteren Vergabe ausgeschlossen werden, wenn sie sich nicht an das Mindestlohngesetz erhalten. Hinzukommen kann der Vorwurf des Vorenthaltens und der Veruntreuung von Arbeitsentgelt nach Paragraph 266a StGB, wenn der Arbeitgeber sich nicht an den gesetzlichen Mindestlohn hält und dadurch geringere Sozialbeiträge als vorgeschrieben abführt.

Fazit

Auch wenn es Kritikpunkte am gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland gibt – die Einführung im Jahr 2015 sowie die laufenden Anpassungen an das Marktniveau werden überwiegend positiv beurteilt. Der Mindestlohn trägt viel zur sozialen Gerechtigkeit in Deutschland bei und sorgt dafür, dass Arbeitnehmer in vielen Branchen endlich ein existenzsicherndes Einkommen erhalten. Trotzdem darf nicht vergessen werden: Der Mindestlohn markiert immer noch die Untergrenze des Lohnniveaus in Deutschland. Zahlt ein Arbeitgeber lediglich den vorgeschriebenen Mindestlohn aus, so kann der Arbeitnehmer damit in der Regel gerade so über die Runden kommen, aber kein Leben mit den gewünschten Annehmlichkeiten führen.

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